Ersetzendes Scannen gem. GoBD

5. Juni 2025

Ersetzendes Scannen im Lichte der GoBD – Anforderungen, Risiken und Umsetzung

Einleitung

Im Zeitalter der Digitalisierung gewinnt das sogenannte ersetzende Scannen zunehmend an Bedeutung. Unternehmen streben danach, papierbasierte Belege zu digitalisieren, um Prozesse effizienter zu gestalten und Platz sowie Kosten zu sparen. Dabei ist besondere Sorgfalt geboten, denn steuerlich relevante Unterlagen unterliegen strengen formalen Anforderungen – geregelt in den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).

Ein zentrales Thema dabei ist die rechtssichere Digitalisierung von Belegen – und unter welchen Bedingungen das Original vernichtet werden darf.


Was ist ersetzendes Scannen?

Ersetzendes Scannen beschreibt den Prozess, bei dem Papierdokumente nach dem Einscannen vernichtet werden, sodass nur noch die digitale Version aufbewahrt wird. Dies ist grundsätzlich zulässig – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die GoBD setzen hier klare Anforderungen, die unbedingt beachtet werden müssen, um die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht zu gefährden.


GoBD – Relevante Regelungen

Rz. 36 GoBD:

In Rz. 36 wird ausdrücklich betont, dass das ersetzende Scannen nur dann rechtlich zulässig ist, wenn eine Verfahrensdokumentation vorliegt:

„[...] Eine Vernichtung der Papierbelege ist nur dann zulässig, wenn eine Verfahrensdokumentation vorliegt, aus der sich der organisatorische und technische Prozess der Digitalisierung vollständig und schlüssig ergibt.“

Das bedeutet: Ohne eine solche Verfahrensdokumentation darf der Originalbeleg nicht vernichtet werden.

Rz. 150 ff. GoBD:

Die Rz. 150 ff. konkretisieren die Anforderungen an die Digitalisierung:

  • Rz. 151: Die bildliche Übereinstimmung des Scans mit dem Original ist sicherzustellen (kein Informationsverlust).
  • Rz. 152: Es muss ein intern kontrolliertes Verfahren bestehen, das nachvollziehbar, nachprüfbar und gegen Manipulationen geschützt ist.
  • Rz. 153: Der Scanprozess muss zeitnah, vollständig und ordnungsgemäß erfolgen. Das Original darf erst nach Abschluss dieses Prozesses vernichtet werden.
  • Rz. 154: Es muss eine Verfahrensdokumentation vorliegen, die alle Schritte – vom Eingang des Belegs bis zur Archivierung – beschreibt.

Bedeutung der Verfahrensdokumentation

Die Verfahrensdokumentation ist das zentrale Element im Rahmen des ersetzenden Scannens. Sie muss folgende Bestandteile enthalten:

  1. Allgemeine Beschreibung des Verfahrens
  2. Technische Beschreibung der eingesetzten Hard- und Software
  3. Organisatorische Beschreibung der Verantwortlichkeiten und Kontrollmechanismen
  4. Verfahrensablauf von der Entstehung des Belegs bis zur Archivierung
  5. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zum Schutz vor Verlust und Manipulation

Fehlt diese Dokumentation, dürfen Originalbelege nicht vernichtet werden. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen die GoBD vor – mit potenziell schwerwiegenden Folgen bei einer Betriebsprüfung.


Digitalisierung von Belegen – Anforderungen und Best Practices

Die Digitalisierung steuerrelevanter Unterlagen muss nach den Prinzipien der Nachvollziehbarkeit, Nachprüfbarkeit und Unveränderbarkeit erfolgen. Dabei sind unter anderem folgende Punkte zu beachten:

  • Verwendung geeigneter Scan-Hardware mit ausreichender Auflösung (i. d. R. mindestens 300 dpi)
  • Einsatz von Software, die die Unveränderbarkeit gewährleistet (z. B. durch Archivierung im PDF/A-Format)
  • Protokollierung des Scanvorgangs und ggf. Freigabeschritte
  • Regelmäßige interne Kontrollen und Schulung des Personals
  • Revisionssichere Archivierung des digitalisierten Dokuments

Aufbewahrungsfristen gemäß § 147 AO

Auch nach dem ersetzenden Scannen gelten die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen uneingeschränkt – unabhängig davon, ob das Dokument in Papierform oder digital vorliegt.

Nach § 147 Abs. 1 AO müssen insbesondere folgende Unterlagen aufbewahrt werden:

  • 10 Jahre für:
    • Bücher und Aufzeichnungen
    • Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte
    • Buchungsbelege
    • Rechnungen
    • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind
  • 6 Jahre für:
    • empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe
    • Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe
    • sonstige Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sein können, sofern sie nicht unter die zehnjährige Frist fallen

Die Frist beginnt jeweils mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Dokument entstanden ist oder der letzte Eintrag erfolgt ist (§ 147 Abs. 4 AO).

Wichtig: Auch die digitalisierten Belege unterliegen der Nachweispflicht. Sie müssen während der gesamten Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbarmaschinell auswertbar und lesbar sein.


Das ersetzende Scannen ist ein sinnvoller Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung betrieblicher Prozesse – jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die GoBD konsequent beachtet werden. Eine lückenlose Verfahrensdokumentation ist unabdingbar, um die rechtssichere Vernichtung der Originalbelege zu ermöglichen. Unternehmen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, setzen sich einem erheblichen Risiko aus, insbesondere im Hinblick auf die Anerkennung der Buchführung durch die Finanzverwaltung.

Zudem sind die Aufbewahrungsfristen gemäß § 147 AO auch für digitalisierte Belege zwingend einzuhalten. Digitalisierung ist kein Freibrief zur Entsorgung von Unterlagen – sondern erfordert klare Prozesse und dokumentierte Verantwortlichkeiten.

Digitalisierung ja – aber nur mit System.