Die Verfahrensdokumentation – Warum sie für Unternehmen und Steuerberater unverzichtbar ist
Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam voran, und mit ihr wachsen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung und Archivierung. Viele Unternehmer und auch Steuerberater unterschätzen jedoch die Bedeutung einer Verfahrensdokumentation. Dabei ist sie nicht nur eine lästige Pflicht, sondern eine essenzielle Grundlage für die Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit der steuerlich relevanten Prozesse. In diesem Beitrag erklären wir, warum die Verfahrensdokumentation so wichtig ist, welche gesetzlichen Grundlagen beachtet werden müssen und welche praktischen Anwendungsmöglichkeiten sie bietet.
Gesetzliche Grundlagen
Die Verpflichtung zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Regelungen:
- § 145–148 Abgabenordnung (AO): Diese Vorschriften legen die Grundsätze für die Buchführungspflicht fest und fordern eine nachvollziehbare und überprüfbare Dokumentation der Buchführungsprozesse.
- § 257 Handelsgesetzbuch (HGB): Unternehmen sind verpflichtet, Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen sowie Jahresabschlüsse geordnet aufzubewahren und revisionssicher zu archivieren.
- Randziffer 150 ff. der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff): Hier wird konkret gefordert, dass Unternehmen eine Verfahrensdokumentation erstellen müssen, um die Ordnungsmäßigkeit, Unveränderbarkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer digitalen Prozesse sicherzustellen.
Was ist eine Verfahrensdokumentation?
Eine Verfahrensdokumentation beschreibt detailliert, wie steuerlich relevante Daten in einem Unternehmen erfasst, verarbeitet und gespeichert werden. Sie umfasst unter anderem:
- Die eingesetzte Hard- und Software (z. B. Buchhaltungssysteme, ERP-Software, Archivierungslösungen)
- Die Abläufe bei der Belegverarbeitung (von der Erfassung über die Verarbeitung bis zur Speicherung)
- Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen (z. B. Import und Export von Daten)
- Das interne Kontrollsystem (IKS) zur Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit
- Maßnahmen zur Datensicherung und Zugriffsschutz
Warum ist eine Verfahrensdokumentation so wichtig?
- Rechtssicherheit und Vermeidung von Hinzuschätzungen Eine fehlende oder unvollständige Verfahrensdokumentation kann bei einer Betriebsprüfung dazu führen, dass das Finanzamt die Buchführung als nicht ordnungsgemäß ansieht. Die Konsequenz: Schätzungen, die oft zu höheren Steuerlasten führen.
- Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung Eine gut strukturierte Verfahrensdokumentation hilft Unternehmen, interne Abläufe zu optimieren und Transparenz in den Geschäftsprozessen zu schaffen.
- Schutz vor Datenverlust und Manipulation Durch definierte Datensicherungsmaßnahmen und klare Regelungen zur Zugriffskontrolle können Unternehmen sich vor unbefugtem Zugriff und Datenverlust schützen.
- Vermeidung von Haftungsrisiken Steuerberater tragen eine Mitverantwortung für die ordnungsgemäße Buchführung ihrer Mandanten. Eine fehlende Verfahrensdokumentation kann im Ernstfall auch für Berater haftungsrechtliche Konsequenzen haben.
Praktische Anwendungsmöglichkeiten der Verfahrensdokumentation
Neben der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben kann die Verfahrensdokumentation auch als wertvolles Instrument für verschiedene betriebliche Prozesse genutzt werden:
1. Mitarbeiter-Onboarding
Neue Mitarbeiter benötigen eine strukturierte Einarbeitung in betriebliche Abläufe und IT-Systeme. Die Verfahrensdokumentation dient hierbei als Nachschlagewerk für:
- Die Nutzung von Buchhaltungs- und ERP-Systemen
- Standardisierte Workflows für die Belegverarbeitung
- Sicherheitsrichtlinien und Zugriffsbeschränkungen
- Maßnahmen zur Datensicherung und Compliance-Vorgaben
Mit einer gut gepflegten Verfahrensdokumentation können neue Mitarbeiter schneller und effizienter in bestehende Prozesse integriert werden.
2. Onboarding-Prozess beim Steuerberater
Ein Steuerberaterwechsel kann oft mit erheblichen Unsicherheiten und Informationslücken verbunden sein. Eine Verfahrensdokumentation bietet hierbei eine strukturierte Übersicht über die bestehenden Prozesse und Systeme des Unternehmens. Das erleichtert dem neuen Steuerberater:
- Die schnelle Einarbeitung in die vorhandenen Buchführungsprozesse
- Die Identifikation von Schnittstellen zu externen Systemen
- Die Prüfung bestehender interner Kontrollmechanismen (IKS)
- Die Anpassung an steuerliche und buchhalterische Anforderungen
3. Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Steuerberater
Ein strukturierter Dokumentationsprozess verbessert die Effizienz der Zusammenarbeit mit dem Steuerberater. Durch die Verfahrensdokumentation können:
- Fehler in der Buchführung frühzeitig erkannt und vermieden werden
- Steuerberater schneller fundierte Handlungsempfehlungen geben
- Kommunikationswege zwischen Mandant und Berater optimiert werden
4. Unterstützung bei internen Audits und Compliance-Prüfungen
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, interne oder externe Audits durchführen zu müssen. Eine Verfahrensdokumentation ermöglicht eine transparente und revisionssichere Darstellung der Geschäftsprozesse. Dies erleichtert unter anderem:
- Die Prüfung durch interne oder externe Revisoren
- Die Erfüllung branchenspezifischer Compliance-Anforderungen
- Die Vorbereitung auf steuerliche Außenprüfungen
Fazit
Die Verfahrensdokumentation ist nicht nur eine formale Anforderung, sondern ein entscheidendes Element für die Rechtssicherheit und Effizienz eines Unternehmens. Unternehmer und Steuerberater sollten sich frühzeitig mit diesem Thema befassen, um unangenehme Überraschungen bei Betriebsprüfungen zu vermeiden. Darüber hinaus bietet eine gut strukturierte Verfahrensdokumentation zahlreiche Vorteile im Unternehmensalltag, insbesondere im Onboarding neuer Mitarbeiter oder Steuerberater, der Optimierung interner Prozesse und der Erfüllung von Compliance-Anforderungen.
Falls Sie Unterstützung bei der Erstellung einer Verfahrensdokumentation benötigen, sprechen Sie uns gerne an!